Irgendwo in einem deutschen Gemüsebeet: Auf leisen Sohlen schleicht sich eine Limax maximus heran, wartet den richtigen Zeitpunkt ab und schlägt dann urplötzlich zu. Erbarmungslos in ihrem Handeln verzehrt der Schnegel seine Artgenossen und tut damit sogar etwas Gutes! Denn Tigerschnegel, wie die bis zu 20 Zentimeter langen Tiere auch genannt werden, sind nützlich und verleiten jeden Gärtner zu regelrechten Freudensprüngen. Sofern er denn weiß, was er da vor sich hat. Zwar gehören Tigerschnegel auch zur Familie der Nacktschnecken, sind für Pflanzen aber vollkommen ungefährlich. Mehr noch: Sie fressen ihre Artgenossen und sorgen so dafür, dass ein Kahlfraß durch Schnecken im Garten nicht auftritt.
Tigerschnegel erkennen
Damit Sie als Gärtner nicht aus Versehen die falschen Tiere verdächtigen, Ihre Pflanzen kahl zu fressen, sollten sie genau hinsehen. Denn der Tigerschnegel ist ein ganz markantes Weichtier. Er sieht zwar aus wie eine Nacktschnecke, hat am Körper aber nicht zu übersehende schwarze Flecken, die einem Tigermuster ähneln. Daher wird er auch oft Tigernacktschnecke genannt. Weitere Bezeichnungen sind Großer Schnegel oder Große Egelschnecke.
Eigentlich kommt der Tigerschnegel aus Südeuropa, hat sich im Laufe der Zeit aber auch bei uns in Mitteleuropa angesiedelt. Es kann gut sein, dass Sie gar nicht wissen, dass in Ihrem Garten Tigerschnegel vorkommen. Der Grund ist, dass es nachtaktive Tiere sind, die sich tagsüber verkriechen. Feuchte und dunkle Stellen werden dabei bevorzugt. Sie können selbst dafür sorgen, dass die Tigerschnegel einen Rückzugsort finden können – dazu gleich noch mehr.
Tigerschnegel im eigenen Garten
Ob sich Tigerschnegel auch bei Ihnen im Garten ansiedeln hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen von den gerade genannten Rückzugsorten, zum anderen natürlich auch davon, ob die Schnegel bei Ihnen ausreichend Essbares finden. Das heißt nun aber nicht, dass Sie Nacktschnecken sammeln und in Ihrem Garten verteilen sollen – das wäre nicht Sinn der Sache, denn schließlich wollen Sie diese ja loswerden. Tigerschnegel stehen vor allem auf eiweißreiche Nahrung.
Dazu sollten Sie wissen, wo sich die Schnegel aufhalten. Rund um ihren Rückzugsort können Sie dann beispielsweise einige Champignons kleinschneiden und im Umkreis verteilen. Am besten abends, denn – wie gesagt – sind Schnegel nachtaktiv. Der Radius, in dem sie sich rund um ihre Behausung aufhalten, liegt bei bis zu 10 Metern.
Die Lebensweise von Tigerschnegeln
Tagsüber verkriechen und schlafen, nachts auf die Jagd gehen und fressen. Auf dem Speisezettel von Tigerschnegeln stehen neben Pilzen auch Algen und Flechten, zudem zerfallendes organisches Material. Und natürlich Nacktschnecken. Aber nicht nur die, sondern auch deren Gelege. Das heißt, dass Nachfahren, der im Garten große Schäden anrichtenden Weichtiere, im Keim erstickt werden.
Ganz interessant ist das Paarungsverhalten von Tigerschnegeln. Dazu muss man wissen, dass Tigerschnegel Zwitter sind – hier darf also jeder mit jedem! Wenn sich zwei finden, kriechen sie zuerst einmal hintereinander her. Dabei ist ihr Geruchssinn ein wichtiges Leitorgan, ebenso sind die Tigerschnegel am Schleim des Partners interessiert. Ist das Interesse so groß, dass man sich paaren möchte, dann klettern beide Tiere auf einen hohen Punkt, von dem sie sich etwa 40 Zentimeter abseilen – und das an einem einzigen Schleimfaden. Anschließend umschlingen sie sich hängend spiralförmig miteinander und die Paarung kann beginnen.
Pro Legeperiode, die fast ein komplettes Jahr dauert, können die Tiere bis zu vier Gelege produzieren, in denen zwischen 100 und 300 Eiern zu finden sind. Die erste Legeperiode ist im Juli und August, die zweite dann im Folgejahr im Juni und Juli. Drei Jahre alt können Tigerschnegel werden, nach rund eineinhalb Jahren sind sie geschlechtsreif.
Von der Eiablage bis zur Geburt dauert es bis meist drei Wochen, manchmal auch doppelt so lange. Von den bis zu 300 Eiern überstehen am Ende allerdings sehr wenige, dann das Gelege ist natürlichen Feinden und Parasiten wie Milben und Nematoden ausgesetzt. Wenn die Schnegel geboren werden, sind sie noch weiß. Ihr charakteristisches Tigermuster bekommen sie erst im Laufe der Zeit – auch dunkelt der Körper nach und sie werden grau-bräunlich.
Tigerschnegel vs. Nacktschnecke
Tigerschnegel sind vor allem für die Gärtner interessant, die ein Nacktschneckenproblem haben. Wir wissen, dass Nacktschnecken große Schäden an Pflanzen anrichten können. Auf dem Speiseplan stehen zum Beispiel
- Rittersporn
- Tagetes
- Funkien
- Dahlien
- Basilikum
- Petersilie
- Dill
- Majoran
- Erdbeeren
- Gurken
- Kresse
- Radieschen
- Grüne Salatsorten
- Nahezu alle Kohlsorten
Nun könnte man im Garten bewusst auf genau diese Pflanzen verzichten. Das muss aber nicht sein. Denn neben den bekannten Schneckenbekämpfungsmitteln (Schneckenkorn, Bierfallen, aufsammeln etc.) gibt es eben auch die Tigerschnegel, die sich über diese Schädlinge hermachen.
Tigerschnegel sind also besonders gerne in Gärten mit einer hohen Nacktschneckenpopulation gesehen. Die Schnegel können dabei auf natürliche Art vorkommen, man kann sie sich aber auch im Internet bestellen. Als frisch geschlüpfte Schnegel ebenso, wie als Jungtiere, als Subadult und als Adult, also als Tiere, die bereits ein- bis eineinhalb Jahre alt sind. Je nach Alter haben die Tiere unterschiedliche Preise. So können diese im Schnitt pro Tier bis zu 20 Euro kosten.
Wer daran denkt, sich Tigerschnegel zu holen, sollte dies am besten im Herbst tun. Die Tiere können sich so einen guten Platz für den Winterschlaf suchen und sind meist die ersten, die im Frühling wieder erwachen. Dann haben sie natürlich Kohldampf und suchen bereits nach Essbarem. Wenn sie dabei die erste Nacktschneckengeneration finden, freut sich der Gärtner, denn dann sind Pflanzen, die sonst auf dem Speiseplan von Nacktschnecken stehen, weniger gefährdet.
Behausungen für Tigerschnegel
Wenn Sie bereits Tigerschnegel bei sich im Garten gesichtet haben, können Sie es den Tierchen erleichtern, einen Unterschlupf zu finden. Dunkle und feuchte Orte mögen die Schnegel sehr gerne. Dort verstecken sich zwar auch Nacktschnecken, aber die müssen Sie ja nicht mehr fürchten, wenn Sie Tigerschnegel haben. Unter einem Holzstapel, der im Schatten angebracht wird, fühlen sie sich ebenso wohl, wie unter größeren Steinen oder Dachziegeln. Auch ein kleiner Laubhaufen ist ideal. Verteilen Sie die Unterschlüpfe im Garten, sodass sie eine größere Fläche abdecken. Idealerweise bringen Sie diese in der Nähe von Beeten an, damit die Tiere es nach dem Aufwachen nicht allzu weit zum Esstisch haben. Es kann übrigens durchaus sein, dass sich Tigerschnegel in Kellerräume zurückziehen. Sollten diese sich dort während des Sommers auch nachts aufhalten, bringen Sie sie nach draußen, es kann sein, dass sie nicht mehr rausfinden.
Bild: © cane