Manchmal kommen sie sich vor wie Waldorf und Statler aus der Muppet Show – Sie wissen schon, die zwei Grantler, die vom Balkon herunter nichts und niemanden verschonen. Ja, auch Lennard und Yannick können ganz schön vom Leder ziehen, wenn sich die Nachbarin links mal wieder daneben benimmt und oben ohne im Garten herumstolziert oder wenn die Nachbarin rechts meint, am Sonntagnachmittag Rasen mähen zu müssen. Aber eigentlich sind die beiden Mittsechziger pflegeleicht und es kann sie so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Oft treffen sie sich einfach und unterhalten sich über Belangloses, oftmals aber auch über Sinnvolles. Denn Gärtnern können beide und gerade hier profitieren sie voneinander.
Nachbarn seit über 30 Jahren
„Weißt Du noch, wie wir damals begonnen haben, unsere Häuser zu bauen“, hörte man Lennard neulich sagen. „Oh ja, damals, als das Gebiet gerade erschlossen wurde und wir die ersten waren, die sich ihr Häuschen hingestellt haben.“ Und schon schwelgten beide in Erinnerungen. „Das war der reinste Acker. Ich weiß noch, als ich das erste Mal mit meiner Frau im „Garten“ stand und gemeint habe, dass man hier nur Kartoffeln anbauen könne. Und heute? Schau Dir unsere beiden Gärten an, die schönsten im Umkreis!“ Da musste Yannick Lennard zustimmen. Die beiden Gärten waren wirklich Schmuckstücke.
Beide hatten annähernd dieselbe Größe, rund 200 Quadratmeter. Nicht zu groß und nicht zu klein. Obwohl, mit zunehmendem Alter werden die Gärten komischerweise immer größer, wie beide feststellen mussten. Denn zu tun gibt es immer etwas. Rasen mähen, Unkraut jäten, Erde auflockern, Blumen gießen und natürlich die handwerklichen Dinge, die man nicht außer Acht lassen darf. Mal hier den Zaun reparieren, dort die lockere Fußbodenplatte wieder befestigen und im Gartenhaus die undichten Stellen im Dach ausbessern. Trotzdem wollen beide nicht mehr auf ihre Gärten verzichten oder sie gegen kleinere Eintauschen. „Das passt so, wie es ist“, sagen beide einstimmig.
Gartenhaus, Teich, Gemüsebeete & Co.
Schon kurz nachdem beide in ihre Häuser eingezogen waren, freundeten sie sich an und stellten in einem ersten Gespräch fest, dass sie durchaus Ahnung vom Gärtnern haben. Sie wollten sich deshalb mit Rat und Tat zur Seite stehen – und tun das bis heute. Es wäre alles so einfach gewesen, wären da nicht die Ehefrauen, die in Sachen Gartengestaltung auch noch ein Wörtchen mitreden wollten. Lennard und Yannick blieb also nichts anderes übrig, als die Wünsche der beiden Damen in ihre Planungen mit einzubeziehen.
So saßen beide schon in der ersten Woche nach dem Einzug zusammen und begannen, Gartenpläne aufzumalen. Lennard wollte einen Teich haben, seine Frau eine separate Terrasse im hinteren Teil des Gartens mit einem Pavillon, und einen verwunschenen Rosengarten. Yannick hatte vor, mitten im Garten eine Natursteinmauer anzulegen und dahinter einen kleinen Pool zu bauen, der für die Kinder gedacht war. Auch seine Frau hatte Wünsche und wollte neben einem kleinen Gartenhäuschen, das als Partylaube genutzt werden konnte, eine fest installierte Gartendusche und ein Kräuter- und Gemüsebeet.
Ja, die Pläne waren schnell erstellt, doch die Ausführung der Gartenarbeiten dauerte. Bis alles so war, dass beide zufrieden waren, dauerte es rund drei Jahre. Aber das Warten und die harte Arbeit haben sich gelohnt. Und heute, 30 Jahre danach, sind die Gärten sehr schön zusammengewachsen. Zwar sind einige Dinge von damals verschwunden, wie etwa die Natursteinmauer und auch der Pavillon, aber dafür entstand Neues – natürlich in enger Absprache mit den Damen des Hauses.
Der eigene kleine Rückzugsort
Und eines ließen sich Lennard und Yannick nicht nehmen. Ihr eigenes kleines Plätzchen am Gartenzaun. Das befindet sich im hinteren Teil des Gartens, von der Terrasse und dem Haus nicht einsehbar, weil mittlerweile stattliche Büsche davor zu finden sind. Direkt dahinter haben sich beide neben dem Zaun eine gemütliche Sitzgelegenheit geschaffen. Dort lassen sie sich an schönen Tagen gerne lange nieder und fachsimpeln über dies und das. Und obwohl beide schon Mitte 60 sind, geben sie sich noch immer wertvolle Gartentipps, denn längst wissen sie noch nicht alles voneinander.
Text: Holger Schossig